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pxrouge FESTIVAL REVIEWS I 64. CANNES FILM FESTIVAL I VON DIETER WIECZOREK I 2011

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62. CANNES FILM FESTIVAL 2011

Eine wunderliche Palme

 

 

 

VON DIETER WIECZOREK

"The Tree of Life", Terence Malick

Trabalhar Cansa

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Was an Cannes Goldenen Palme Gewinner 2011 vor allem verblüfft ist seine erschreckende Naivität. Das kann durchaus störend wirken. Er ist gestrickt wie eine Parabel zum Grundschulgebrauch. Alles beginnt mit einer einfachen Gegenüberstellung: das Prinzip der Natur und das der Anmut. Das Naturprinzip fordert Stärke, und den Kampf ums Überleben. Es verspricht den Triumph der Macht und das Glück der Dominanz. Das Prinzip der Anmut ist Geduld, Liebe, Verzeihen und Selbstentsagung, poetische Hingabe und meditative Existenz.

Mit diesem schlichten Dualismus wird uns die Welt erklärt. In einer us-amerikanischen mittelständischen Kleinfamilie treffen die Prinzipien in Form eines ungleichen Elternpaares aufeinander. Der Vater verkörpert Dominanz und Disziplin, Härte gegen sich selbst und Andere, rückhaltlos orientiert am Ideal des erfolgreichen Schaffens. Die Mutter, »anmutig« verkörpert von einer verklärten Jessica Chastain, ist Poetin, musisch veranlagt und glaubt an die inneren Werte. Stets aufmerksam und selbstlos widmet sie sich den Anderen. Wie nebenbei wird dieser Prinzipiendualismus auch gleich genutzt, um das zeitspezifische Ideal der demütigen, fast hilflos untergebenen Familienmutter als »graziöse« Überlegenheit und Lebensprinzip aufzuwerten.

Wenn es nicht so komisch wäre, wäre es eigentlich recht traurig. Nun wird dieses deutlich in den Nachkriegsjahren situierte Klischee des amerikanischen Lifestyles samt Eigenheim und komfortablen Fahrzeug, Kirchgängen und Nachbarschaftsgetratsch, als für die (nicht informierte) Bürgerschaft die Welt noch in Ordnung schien, in unmittelbare Beziehung gesetzt mit kosmologischer Geschichte: von der Planetenentstehung, über das Aufkommens biologischen Lebens mit sympathischen Sauriern bis hin zu unserer Kleinfamilie. Im Neugeborenen akkumulieren sich Milliarden Jahre planetarer Entwicklungsgeschichte. Die mit Spezialeffekten angereicherten Kosmos-Passagen hätte man vor wenigen Jahren noch mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen und goutiert. Nun erinnern sie eher an Spielkonsolen und Computeranimationsspiele.

In dieser Kleinfamilie ist Gott noch ganz der nahe liebe Gott und Lebenssinn stets auf sie zurechtgeschnitten (»Du spracht vom Himmel aus mit mir«). Ein Baum wird gepflanzt mit der Bemerkung: »Er wird noch hier sein, wenn wir schon verstorben sind«. Ihr Kind stirbt bei einem Unfall : »Ich gebe Dir meinen Sohn, Amen«. Man stellt sich nicht nur die Klänge der Smetanas »Moldau«-Symphonie zu diesen Passagen vor, man bekommt sie auch wirklich zu hören! Da schwebt dann auch schon einmal die sanfte Mutter durch die Luft, ihr elegisches Dasein noch stärker zum Ausdruck bringend. Und nicht schüchtern wird verlangt: »Führe uns zum Ende der Zeit«.

Eine der wenigen Stärken des Films ist die überzeugende Darstellung der fatalen psychischen Konsequenzen der Vatertyrannei auf die Kinder, die den reflexartig angelernten Machtwunsch zum nicht nur latenten, hypernervösen Sadismus transformieren. Auch im Bruderpaar spiegelt sich die gleiche Dualität: der eine musisch und zögernd meditativ, der andere triumphierend und aggressiv. Malicks Film scheint für eine dritte Position keinen Platz zu haben. Erst am Ende, wenn sich der Mann vor dem Scherbenhaufen seines Erfolgsstrebens sieht, kommt eine Art Zweifel und Reue über ihn, doch auch dies ist kein wirkliches Geraten zu neuer Komplexität, sondern nur das triste Ende eines einsinnigen Lebensprogramms, das letztlich folgenlos bleibt. Eigentlich hätte es für einen derart hölzernen und eindimensionalen Protagonisten keines Brad Pitts bedurft, doch der Umkehrschluß macht eher Sinn: das Nichtsagende dieses unattraktiven Charakters sollte gewiß durch seine Präsenz geuploadet werden.

Den (immerhin) erfolgreichen Sohn, für den Sean Penn einen Kurzauftritt gibt, sieht man in kalter us-amerikanischer Skyscraper-Managementarchitektur allein in seinem Chefbüro mit Panoramablick, immer noch eingeschüchtert und gehemmt, seinem Vater eine andere Wahrheit am Ende seines Lebens mitzuteilen.

Schade, wenn eine Cannes-Palme lediglich eine solch seichte Geschichte zu schönen Bildern zu erzählen und nett zu bebildern vermag rouge

 

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64. CANNES FILM FESTIVAL 2011

info

11 - 22 / 05 / 2011

Festival de Cannes

The Tree of Life

 

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