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pxrouge FESTIVAL REVIEWS I 64. CANNES FILM FESTIVAL I VON DIETER WIECZOREK I 2011

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62. CANNES FILM FESTIVAL 2011

Langsamerer Rhythmus

 

 

 

VON DIETER WIECZOREK

"Trabalhar Cansa", Juliana Rojas und Marco Dutras

Trabalhar Cansa

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Es hat in der aktuellen Ausgabe des Cannes Festivals doch einiger Tage bedurft, bis eine hinreichende Anzahl wirklich sehenswerter und signifikanter Filme zusammenkamen, um eine ersten Rückblick zu wagen.

Juliana Rojas und Marco Dutras, aus Brasilien kommender Film Trabalhar Cansa (Harte Arbeit) ist gewiß eines dieser herausragenden Werke. Mit einer an Beobachtungsgenauigkeit schwer zu übertreffenden Weise wird hier die langsame Degradation einer Mittelstandsfamilie durch die anhaltende, weltweit ihre Früchte tragende, ökonomische Krise geschildert. Wo es als 40jähriger bereits aussichtslos scheint, noch einmal einen Arbeitsplatz zu finden, muß sich der überraschend entlassene Otávio mit der Tatsache abfinden, daß er zur dauerhaften Untätigkeit verdammt ist, und dies gerade zu einem Zeitpunkt, da seine Frau hohe Kredite aufnahm, um ihren eigenen Supermarkt zu eröffnen. Von Anfang an werden bedrohliche Zeichen sichtbar, daß etwas nicht stimmt an diesem, für ihr Projekt gewählten Ort. Einer psychoanalytischen Logik des Einbruchs des Verdrängten folgend brechen stets neue, unheimliche Symptome in den Alltag ein, wie ausströmendes Öl aus dem Untergrund des Gebäudes oder Tierkadaver monströser Hunde, die sich hinter einer schlecht verzementierten Mauer versteckt hielten. Innerfamiliäre Aggressionen und ein nicht unberechtigtes Mißtrauen gegenüber den eigenen Angestellten, die ihrerseits einem noch höheren Armutsgrad ausgesetzt sind, der sie selbst die elementarsten Lebensmittel stehlen läßt, degradieren zunehmend die Umgangsformen. Der unerträglich gewordene Alltag bricht schließlich in einem verzweifelten Urschrei Otávios durch – ausgestoßen in einer "Therapiegruppe", die das Einschulen und Verstärken animalischer Verhaltensweisen zum Ziel hat, um sich im Überlebensdschungel noch behauten zu können. In puristischer Weise fügt sich jede Einstellung zu einem geschlossenen Bild fortschreitender emotionaler und materieller Verarmung, die weltweit in die Mittelschichten einbricht.

Goodbye

"Bé Omid é Didar", Mohammad Rasoulof

 

Ungeteilte Anerkennung fand ebenso der iranische Film Bé Omid é Didar (Auf Wiedersehen), dessen Regisseur gerade zu dem Zeitpunkt, als sein Film in Cannes lief, im eigenen Land zu einem neuen Verhör geladen wurde. Mohammad Rasoulof zeichnet eine atemlose Gesellschaft verängstigter und verunsicherter Bürger. In seinem Mittelpunkt steht eine junge Advokatin, der man ihre Lizenz entzog. Sie versucht ab dem Zeitpunkt, da ihr journalistisch arbeitender Mann in den Untergrund abtauchen mußte, nach einer Möglichkeit, ihre gerade diagnostizierte Schwangerschaft zu beenden. Ihre Wege werden zu einem Spießrutenlauf permanenter Degradierung. Selbst ein Hotelzimmer zu mieten ohne Begleitung wird ihr nur gegen Bestechungsgeld zugebilligt. Alles treibt sie zu einer Flucht. Mohammad Rasoulofs Film ist von Nachtlicht und gedämpften Farben gezeichnet.

Verunsicherte Dialoge und ängstliche Gesten dominieren und schaffen ein überaus bedrückendes Bild einer hypokriten Überwachungsgesellschaft, aus der kein Ausbruch möglich ist. Wie Trabalhar Cansa lief jedoch auch dieses mutige Epos in Cannes lediglich in der Nebenreihe "Un Certain Regard".

Ebenso fand auch Andreas Dresens deutscher Beitrag Halt auf freier Strecke Eingang. Die plötzliche Konfrontation mit dem in wenigen Monaten bevorstehenden Tod durch Gehirntumor des Vaters und Ehemanns trifft eine kleinbürgerliche Durchschnittsfamilie. Dresens überaus realistische und dechiffrierende Filmsprache zeigt Familienmitglieder, die allesamt unvorbereitet sind, sich mit einer solchen Katastrophe zu konfrontieren. Dresen fängt Momente der Schwäche und des Fehlverhaltens ein, auch in dem sie umgebenen Feld professioneller Betreuung. Dies beginnt bereits beim Todesverdikt aussprechenden Arzt, der sich durch ein Telefongespräch über ein Arbeitsraumproblem unterbrechen läßt. Therapeuten, Ärzte und Berater werden vorgeführt mit ihrem üblichen Spektrum des Verhaltens, Reflexe, die angesichts der Unfaßbarkeit der Todesdrohung oft nur mechanisch und hilflos wirkt. Die Vereinsamung des unheilbaren Körpers wird von Dresen zu einem nachhaltigen Bild verdichtet, die eine riesige Bestrahlungsapparatur um den Körper kreisen läßt, der bereits in einem sarkophagartigen Gehäuse ruht, der den Tod bereits antizipiert. Dresen hält an vielen schmerzhaften Grenzsituationen fest, wie dem fortschreitenden Persönlichkeitsverlust des Kranken, der oft zu unberechenbaren Haßtiraden und Tyrannei entgleist. Was kann eine Ehefrau aushalten, was die Kinder, jeder sucht seine eigene Form des Überlebens im Katastrophentableau. Keineswegs ist Dresens Film jedoch depressiv oder einseitig oder schmerzlüstern, zeigt er doch immer wieder eine sich zusammen findende Familie, die den Mann in keiner Stunde allein läßt. Dresens exemplarische Kamerafahrt durch die Administration des Todes prägt sich nachhaltig ein rouge

 

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64. CANNES FILM FESTIVAL 2011

info

11 - 22 / 05 / 2011

Festival de Cannes

Trabalhar Cansa

Goodbye

 

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