Spätestes in seinem Werk Kitchen Stories (2003) hat Bent Hamer sein Genie, Situationswitz in fast statischen Bildern einzufangen, unter Beweis gestellt. Neben dem absurd verspielten Schweden Roy Andersson, dem ätzend satirischen Österreicher Ulrich Seidl und dem lethargisch kategorischen Finnen Aki Kaurismäki ist er in der Runde der vier großen Situationsgerinner der emotional variantenreichste.
Auch in seinem neuen Werk O’Horten, 2008 in Cannes in der im Vergleich zum Wettbewerb durchaus die riskanteren und gelungeneren Filme präsentierenden Parallelsektion »Un certain regard« platziert, läßt der Norweger Hamer Absurdität und Enge der nordischen Gesellschaft in unglaublich drollige Bilder und Dialoge kulminieren, um gleich darauf wieder tristere Gefühlsregister anzuschlagen. Er schafft ein Wechselbad von Vereinsamung und scheuen Annäherungsversuchen, gezeichnet von Melancholie und latentem Irrsinn, in der die solitäre Existenz sich mit Mühe, aber auch mit anmutigem Charme behauptet.
Hamers Film ist deutlich zweigeteilt, offeriert im ersten Durchgang die alltägliche Tristesse eines Zugführers, der das Leben zwar mit großer Geschwindigkeit, doch in seiner Schnellzugkabine permanent abgetrennt von sinnlicher Erfahrung an sich vorbeigleiten sieht. Das Lebhafteste, das ihn umgibt, ist sein im Käfig vegetierender Hausvogel, über den er des Morgens eine Decke streift. Seine Kollegen leben allesamt in einer undurchdringlichen Enklave. Selbst ihre Freizeit beschränkt sich auf Ratespiele um Zugmaschinen.
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Der zweite Teil folgt dem Aufeinandertreffen des nach seinem Rentenantritt orientierungslos gewordenen Bahnbeamten mit einem ebenso kultivierten wie enigmatischen Weitgereisten, dessen größte Leidenschaft nun im Blindfahren seines Privatfahrzeuges besteht. Wesentlich dialogischer angelegt als sein um die Zentralfigur Charles Bukowski kreisendes Vorwerk Factotum (2005) schafft Hamer heillos verstörende Dialoge zwischen diesen beiden Verlorenen, die – zu lange einsamkeitsgeschult – ihren Ort in der sie umgebenden Gesellschaft nicht mehr zu finden vermögen.
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Ihre Begegnung findet des Nachts, in klimatischer Kälte und einem abgeschiedenen Appartement statt. Zwar kontrapunktiert Hamer diese vorsichtige Annäherung durch leichtere, zuweilen humoreske Seitenmotive, doch bleibt O’Horten im Gegensatz zu dem eine Fülle von taghellen Außenkoordinaten aufnehmenden Kitchen Stories ein melancholiegetränktes, von tristem Kunstlicht geprägtes Werk, in dem das Abschiednehmen im Mittelpunkt steht. Hamer gelingt es, ihm Würde zu geben 
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