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pxrouge FESTIVAL REVIEWS I 66. BERLINALE I VON DIETER WIECZOREKI 2016

Die Berlinale 2016

Lampedusa – Todesort und Alltag - Einwohner und Ausgelieferte

Der Goldene Bär geht an Gianfranco Rosis Dokumentarfilm «Fuocoammare»

 

von Dieter Wieczorek

"Fuocoammare", Gianfranco Rosi

Berlinale

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Berlins Goldener Bär geht 2016 an einen Dokumentarfilm. Wie bereits in Venedig mit «Sacro GRA», überzeugte Gianfranco Rosi (*1964, Asmara, Eritrea) die internationale Jury, mit einem Werk, dass gänzlich auf Effekte, Stars und phantastische Storys verzichtet. Es zieht ein Publikum in den Bann, das angesichts hybrider heutiger Realitätsfiktionen nach schlichter Wirklichkeit sucht.

Leider wird Auch ein Festivalgewinner von der Grössenortnung der Berlinale keine Trendwende einleiten können, denn die stets gleiche, lediglich immer stärker kontrollierten Muster der Fiktionsfabrikation werden sich kaum abschwächen oder in Frage stellen lassen. Emotional vermeintlich publikumswirksame Effekte, auf der Basis gefilterter Drehbücher, schaffen die bekannten lauwarmen, politisch korrekten «Spielfilme», die keine kulturellen Überraschungen bieten oder auch nur bieten wollen. Entweder setzt die Filmindustrie auf die ewige Wiederkehr einer überschaubaren Schar von Stars, die tendenziell immer mehr Einfluss auf den Film selbst nehmen können, oder auf emotionale Stimulation, vorwiegend auf dem Hintergrund aktueller oder historischer Konfliktfelder, über die selbst kaum Neues oder gar Verstörendes beigetragen wird. Konflikte, Kriege, Katastrophen sind die Dekors der immergleichen Beziehungskisten.

Dokumentarfilme können dem entraten. Sie müssen neugierig und offen bleiben, genau beobachten, Überraschendes und Differenzierendes aufdecken. Rosis « Fuocoammare » ist ein solch peripherischer Film, in dessen Zentrum ein schelmischer, doch auch ganz gewöhnlicher Zwölfjähriger namens Samuel steht. Die kleinen Abenteuer seines Alltags bieten gleichsam das Kontrastprogramm zur ständigen Konfrontation mit dem Tod, dem die Inselbewohner in Form der dauernd angeschwemmten oder aufgefischten Kadaver ausgesetzt sind.

Berlinale

"Fuocoammare", Gianfranco Rosi

 

Rosi zeigt die Gleichzeitigkeit einerseits des Versagens der Weltpolitik angesichts des ungebremsten Todesflusses, andererseits der Kraft, eine weder gewalttätige, noch revanchistische humane Normalität zu erhalten. Die italienische Insel Lampedusa schreibt Rekordzahlen der Emigrationskatastrophe in Europa : neben den bisherigen 15000 Toten verzeichnet die Statistik bisher 400000 Flüchtlige.Rosi splittert die Tragödie in fragmentierte Einzelszenen und folgt zugleich mit Aufmerksamkeit und Geduld Samuel bei seinem Augenarztbesuch, nächtlichen Vogeljagden und Gesprächen mit Freunden oder Verwandten.
Wie schon in «Sacro GRA» beweist Rosi sein Talent, durch seine Dokumentation einfachen Zeitgenossen, hier den an der Peripherie Roms Lebenden, die Würde und die unscheinbaren Intensitäten ihrer schlichten Existenz durch teilnehmende Beobachtung zu bestätigen und zugleich einem breiten Publikum zu vermitteln. Was auf der Oberfläche so einfach erscheint, erfordert in Wirklichkeit einen sensiblen Einblick in die Eigentümlichkeiten und poetischen Schattenwürfe der scheinbar gewöhnlichen Zeitgenossen.

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Doch bleibt festzuhalten, dass Rosi in den Vorjahren bereits drei Dokumentarfilme schuf, die allesamt deutlich eindringlicher erscheinen als seine nunmehr weltweit wahrgenommenen preisgekrönten Filme.

In Boatsman (1993) liefert er ein sinnlich und intellektuell überaus verflochtenes Tableau einer harten Konfrontation mit hinduistischen Todesritualen am indisches Ganges. In “Below Sea Level” (2008) teilt er über 5 Jahre hinweg das Leben wirklichen Aussenseiter in den Vereinigten Staaten, jener Outdrops, die aus unterschiedlichsten Gründen sich mit ihren Caravans in die Steppe eines weitflächigen Gebietes zurückgezogen haben, das 100 Meter unter Meereshöhe irgendwo im weiteren Umfeld Los Angeles gelegen ist. Dort gibt es weder Wasserleitungen, noch Strom oder zivile Versorgungen. An diesem Nichtort wollen die aus alle Himmelsrichtungen Kommenden ein neues, selbstbestimmtes Leben beginnen. Doch entstehen auch hier notgedrungen Formen einer Minimalgesellschaft. Elementare Regeln müssen definiert und eingehalten werden. Einige dieser Siedler, die zu einer vorstaatlichen Gesellschaft zurückkehrten, öffnen sich schliesslich Rosis Fragen und (Kamera-) Blick. So entstehen eine Handvoll überaus beeindruckender Porträts aussergewöhnlicher Zeitgenossen.

 

Berlinale

"Below Sea Level" Gianfranco Rosi

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"El Sicario, Room 164" Gianfranco Rossi

 

Als schlicht unvergleichlich schliesslich kann Rosis Dokumentarfilm “El Sicario, Room 164” (2010) gelten. Der Filmemacher lässt sich an der un-mexikanischen Grenze auf ein Treffen mit einem professionellen Killer ein, der detailfreudig die Organisation und Techniken seines Handwerks beschreibt. Das Treffen findet statt in einem der Motelräume (164), die als Folter- und Mordort gedient haben. Rosi beschränkt seine Kameraperspektive ganz auf die Hände und Zeichnungen, die der Insider zur Illustration seiner Berichte während der Begegnung anfertigt. “El Sicario” hat verständlicherweise keinen Abspann. Rosi wurde dringend abgeraten, je wieder in die Nähe Mexiko zu kommen Ob der Zeuge, der zu diesem Gespräch sich nur bereit fand, weil er ein neues Leben beginnen wollte, noch lebt, ist wenig wahrscheinlich rouge

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66. BERLINALE

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11 - 21 - 02 / 2016, Berlin

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