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pxrouge FESTIVAL REVIEWS I CLERMONT-FERRANT 35. FESTIVAL DU COURT METRAGE 2013 I VON DIETER WIECZOREK I 2013

CLERMONT-FERRAND 2013

Das europäische Festival des Kurzfilms jenseits aller Krisen

 

 

VON DIETER WIECZOREK

"Lisa", Oksana Buraja

Lisa

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Macht sich ein Mangel an Mittels und Möglichkeiten auf den europäischen Festivals nahezu überall spürbar, besonders betroffen jene fern des Mainstream , so präsentiert sich Clermont-Ferrand zum Jahresanfang in gewohntem Umfang und Engagement.

Der dortige Filmmarkt ist das grosse “Familientreffen” aller in Kurzfilmbereich Aktiven. Selbst Vertretungen aus Asien und Lateinamerika sind hier regelmässig präsent. Die Kurzfilmwelt hat ihre eigenen Regeln und Ethik. So gibt es wohl weltweit nicht viele Orte, wo die Repräsentanten des Irans und Israels sich in nur drei Meter Entfernung in schlichter Harmonie gegenüberstehen und gegenseitig kleine Hilfestellungen geben, ebenso wenige Orte, wo eine israelisch-palästinensische Kooperationen möglich ist und konkrete Früchte zeigt, wie dieses Jahr eine weiteres hier präsentiertes Kurzfilmprogramm zentriert um das Thema Wasser. Die Kurzfilmszene offeriert, wie kaum ein anderes kulturelles Medien, eine sozial-politische Sensibilität und interkulturelle Neugier, nahezu unbeeinträchtigt durch sonst übliche Restriktionen ökonomischer und politischer Zensur. Sie kann dies, da der Kurzfilm kommerziell gesehen nahezu bedeutungslos ist. Dies ist die Chance für eine kulturelle Verbindlichkeit.

Nach dem täglichen professionellen Austausch bereiten die einzelnen nationalen Stände jeden späten Nachmittag kleine Umtrunke und Buffets vor, zu denen alle internationalen Kollegen geladen sind. In dieser plaudernd scherzenden Atmosphäre verwirklicht sich eine kleine wohltuende Utopie zu Jahresanfang, die motiviert und oftmals auch zu konkreten Kollaborationen und Projekten führt.

Manchmal fällt es angesichts dieser einladenden Szenerie, die noch komplettiert wird durch tägliche Zusammenkünfte der Filmemacher nur wenige Schritte entfernt, scher, sich dem eigentlichen nahezu gigantischen Filmprogramm des Festivals zu stellen, das 12 französische, 14 internationale und 5 mit “Labo”-betitelte, eher experimentelle Filmprogrammen anbietet, von weiteren Dutzenden Seitenprogrammen aus aller Welt ganz abgesehen. Und das Publikum bleibt nicht aus. Die über hunderttausend Teilnehmer und Zuschauer füllen die 17 Filmstätten jeden Tag nahezu komplett aus. Ausverkaufte Vorstellungen sind hier die Regel. Dies ist die Frucht einer anhaltenden Sensibilisierung für das Medium Kurzfilm, die hier schon in den Schulen beginnt, und zur Bildung einer Vielzahl von jungen Jurys führt, nicht zu vergessen die Älteren, die hier mit Kugelschreiber und Zettel versehen, zuweilen stundenlang auf den harten Bänken der in das Festival integrierten Universitätshörsälen ausharren. Das dieser kulturelle nur scheinbare (!) Ausnahmezustand Jahr für Jahr möglich ist, sollte all denen in Erinnerung gerufen werden, die meinen zu wissen, was das “Publikum” sehen will, und in Konsequenz das Niveau systematisch runterfahren, begleitendet von den entsprechend agierenden Medien.

Sessiz

"Sessiz" L. Rezan Yesilbas

 

Clermont-Ferrands internationales Wettbewerbsprogramm stellt sich den “sensiblen” Themen. Die Unterdrückung der kurdischen Sprache in der Türkei, die es einer Frau sogar verbietet, mit ihrem inhaftierten Mann zu sprechen (L. Rezan Yesilbas : “Sessiz” (Schweigend), eine iranische Studentin, die ihre Mutter mit ihrer Anpassung und Lebenslüge konfrontiert (Freshteh Parnian: “After the Class” (Nach del Unterricht)), das Los der argentinischen Lokomotivführer, die bei ihrer Arbeit den Tot einiger Menschen nicht vermeiden zu können (Ramiro Longo (Argentinien) : “Primera Sangre” (Erstes Blut)), die mentale und physische Tortur von Klassenkameraden in Pensionaten (Sebastian Milo (Kuba): “Camionero” (Lastwagenfahrer)), der zunehmende Rassismus gegen Ausländer in Griechenland (Geogis Grigorakis: “45 Degrees” (45 Grad)) sind hier nur einige Beispiele.

Im französischen Programm sind unter den herausragenden Filmen “L’Etoile de Martin” (Morgenstern) David Kremers zu nennen. Er folgt einer abenteuerfreudigen Einzelgängerin auf ihrem Ozeanüberquerung, die zunehmend zur Katastrohe für die junge Frau wird, eine Dokumentarfiktion in Perfektion. Die französisch-rumänische Koproduktion “Solitudes” (Einsamkeiten) von Liova Jedlicki wirft ein Schlaglicht auf die Misshandlung und Missachtung von (nicht französischen) Prostituierten seitens Klienten, Polizisten und Krankenhauspersonal. Weit versöhnlicher ist dagegen der letztlich liebevolle Umgang einer argentinischen Mittelstandskleinfamilie mit ihrem Versager-Mitglied, ein 47Jähriger, der sich weigert, eine ihm nicht angemessene Arbeit zu akzeptieren.Die französisch-kolumbianische Koproduktion “Rodri” Franco Lollis wirft den Blick auf den immer noch funktionierten familiären Zusammenhalt, der in europäische Zonen immer seltener dokumentiert wird. Gewiss wirken, allgemein gesprochen, die französischen Koproduktionen überzeugender als die rein französischen Beiträge. Clermont-Ferrand sieht sich als Repräsentationsfestival in der Pflicht, die Jahresproduktion des französischen Kurzfilms überaus umfangreich zu präsentieren, was ein hohes Niveau dieser Programme kaum erlaubt.

Komplexer und überraschender ist die experimentelle Labo-Sektion. Eine alltägliche Imbiss-Bar verwandelt sich in Philip Barkers (Kanada) Film “Malody” in einen Raum, in den starke Gravitationskräfte einbrechen, die alles in Chaos stürzen und gleichzeitig in mysteriösem Bezug zum angespannten mentalen Zustand einer dort sich aufhaltenden jungen, von Krankheit gezeichneten Frau stehen. Innen- und Aussenperspektiven durchdringen sich ununterscheidbar. Caroline Poggi (Frankreich) widmet sich in “Chiens” (Hunde) dem harschen Leben eines abgeschieden im Wald lebenden Einzelgängers. In überraschender Weise lässt sie – für kurze Momente - in das archaische Milieu eine sensible Poesie einbrechen. Selten ist die Konfrontation eines sensiblen, poetisch veranlagten Kindes mir seiner banalen und vulgären Umwelt (ihre Eltern eingeschlossen) so schmerzhaft ins Bild gebracht worden wie in Oksana Burajas (Littauen, Estonien) “Liza, Namo!” (Lisa, komm nach Hause!).

 

B for boy

"Malody", Philipe Barker

Eine philosophische Parabel zur künstlichen Intelligenz und dessen schliesslicher Dominanz über die menschliche liefert das komplexe Werk “The Creator” von Al Holmes und Al Taylors, eine Rekonstitution eines Traumtagebuches des Erfinders der ”denkenden Maschine” Alan Turing. Die imposanten animiert-experimentellen Bildfolgen werden von einem reflexiven Monolog begleitet, der im Clermont-Ferrands Universitätshörsaal sein angemessener Forum findet.

Bleibt zu erwähnen: über den Mangel an Festen bis tief in die Nächte hinein hat sich in Clermont-Ferrand auch noch niemand beschwert rouge

 

 

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35. FESTIVAL DU COURT METRAGE CLERMONT-FERRANT

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01 - 09 / 02 / 2013

Festival du court metrage Clermont-Ferrant
Sessiz
 

 

Festival du court metrage Clermont-Ferrant

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